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Doppelbilder

Wenn ich dem Stadtbach entlang gehe und ins Wasser schaue, sehe ich meistens zuerst, was sich unter der Wasseroberfläche befindet: Boden, Steine, Pflanzen, Fische. Manchmal konzentriere ich mich darauf zu sehen, was sich in der Oberfläche spiegelt. Plötzlich erscheinen dann, wenn das Wasser ruhig ist, an der genau gleichen Stelle Bäume, Himmel und Häuser. Um diese Spiegelung wahrnehmen zu können, muss ich den Blick bewusst umstellen.
An den Fenstern in der Fassade eines Hauses können ähnliche Beobachtungen angestellt werden. Je nach Tageszeit und Lichtverhältnissen zeigt das Fenster, was dahinter liegt, oder spiegelt es was davor liegt. Ab und zu, zum Beispiel in der Morgen- oder Abenddämmerung, kann beides miteinander sichtbar werden, wie manchmal im Wasser der Himmel und die Fische.
Ich finde es spannend, einmal mit diesem anderen Blick durch das Dorf zu gehen und dabei festzustellen, dass einem die Fenster oft ermöglichen, zwei Orte gleichzeitig zu sehen.

Das erste Bild (siehe oben) zeigt solche Überlagerungen im Schaufenster des Blumenladens. Die Blumen hinter der Fensterscheibe zeigen die Tiefe des Schaufensters. Gleichzeitig ist das gegenüberliegende Gemeindehaus sichtbar. Die Bäume bilden ein schöne Ergänzung zur Fülle der Blumen und Pflanzen, stehen aber auf der anderen Seite der Tramstrasse.

Spiegelung Betonfassade

Das zweite Bild zeigt eine reine Spiegelung. Da die Fenster keine Rahmen und Sprossen haben und bündig sind mit der Betonfassade, wirken sie fast wie aufgeklebte Spiegel. Aus dieser Perpsektive ist kaum erkennbar, wie dick die Betonmauer ist, die Fassade wirkt als dünne Schale.

Mit den Aussenwänden eines Gebäudes wird der Innenraum vom Aussenraum abgetrennt.  Die Fenster stellen die Verbindung zwischen Innen und Aussen wieder her. Sie bilden den Übergang zwischen eng und weit, zwischen warm und kalt, trocken und nass, zwischen dem privaten und dem öffentlichen Raum.

Dienten diese Fassadenöffnungen ursprünglich nur dem Lichteinfall und der Luftzufuhr, so sind im Laufe der Zeit weitere Eigenschaften und Funktionen dazu gekommen. Hinausschauen, hineinschauen, zur Schau stellen oder repräsentieren sind nur einige davon. Das Fenster, dieser Übergang zwischen Innen und Aussen, kann auf unendlich viele Arten gestaltet werden. Das kleine Guckloch, das künstlerisch gestaltete Kirchenfenster oder die Spiegelglasfassade, es gibt kaum ein Element in der Architektur, das in so vielen verschiedenen Formen vorkommt wie das Fenster.

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Im Zusammenhang mit dem Artikel „Suhr am Wasser“ wurde mir ein Foto zugestellt, auf dem eine kleine Pfütze zu sehen ist, in der sich ein Baukran spiegelt. In diesem einen Bild werden verschiedene Ebenen sichtbar: der konkrete Boden, die Wasserfläche, und der Raum darüber.

Wenn einige von Ihnen Lust hätten, mit dem umgestellten Blick das Dorf zu erforschen, auf der Suche nach Bildern, die über Spiegelungen mehrere Räume und Ebenen gleichzeitig zeigen, könnte eine schöne Sammlung entstehen.

 

Wie sieht Suhr im Spiegel aus?

Ich freue mich auf Ihre Doppelbilder, als Bilder und als Texte!

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Am Ende meines Dorfschreiberinnenjahres, nach zwölf Kolumnen kann aus den eingesandten Reaktionen ein vielfältiges Portrait von Suhr entstehen, gemacht von den Menschen hier.

Pet Zimmermann – de Jager
Zimmermann Architekten
Bachstrasse 33
5034 Suhr

pet.zimmermann@z-arch.ch

 

In verschiedenem Licht

Von meinem Arbeitstisch aus schaue ich an eine Glasfront in Richtung Süd-Ost. An einem sonnigen Tag scheint die Sonne in der ersten Tageshälfte in den Raum, am Nachmittag liegt die Fassade im Schatten. Am Tag weitet sich der Raum über die Fensteröffnungen aus. Ich bekomme die Tageszeit mit, und das Wetter, Lieferwagen, die zu- und wegfahren, Menschen die kommen und gehen. Ich muss dazu nicht ständig hinausschauen.

Abends, wenn es draussen dunkel ist wirkt der Raum völlig anders. Die Öffnungen erscheinen als dunkle, schwarze Flächen. Ich sehe nicht, wer oder was sich draussen bewegt, könnte mich beobachtet fühlen. Der Raum muss von künstlichem Licht ausgeleuchtet werden. 
Aussicht Atelier 2
Das natürliche Licht, das die Innen- und Aussenräume überhaupt sichtbar macht, hat einen direkten Einfluss auf die Atmosphäre im Raum. Wenn beispielsweise die Sonne blendet oder den Raum zu stark aufheizt, müssen wir das direkte Sonnenlicht abschirmen. Ob dies mittels einer belaubten Pergola, eines leichten weissen Vorhanges oder einer Rafflamellenstore geschieht, macht einen Unterschied in der Raumstimmung. Auch die Art wie Farben und Strukturen der Oberflächen das Licht reflektieren wirkt auf die Stimmung im Innen- oder Aussenraum.

Wir kennen Baumaterialien wie Holz, Backstein, Beton, Stahl oder Glas. Wir brauchen sie, um Bauwerke zu konstruieren. Das eigentliche Gestaltungsmittel aber ist das Licht. Das Licht, das sich nicht nur im Tages-, sondern auch im Jahresrhythmus verändert.

Als ich die Bilder für die erste Dorfschreiberin-Kolumne machte, waren die Blätter an den Bäumen noch frisch, hellgrün und fast durchsichtig. Heute biegen sich die Äste unter ihrem Gewicht, das Laub ist satt grün und man sieht kaum noch durch. Im Schatten eines Baumes zu sitzen ist, gerade bei heissen Temperaturen wie wir sie diesen Sommer erlebten, angenehm.

Bald werden sich die Aussenräume wieder sichtbar und spürbar verändern. Das Laub wird sich verfärben, es wird herunterfallen und das Licht wieder durchlassen, wenn die Tage kürzer werden. Wenn der Aussenraum ein Zimmer wäre, wäre es wie wenn die Wände neu gestrichen und die Vorhänge ganz geöffnet würden. Im Sommer sind wir froh über den Schatten, in der dünkleren Jahreszeit schätzen wir das zusätzliche Licht.

Sie mögen sich wundern, warum ich im ausklingenden Sommer das fallende Laub schon anspreche. Der Grund dafür ist, dass ich Ihnen Gelegenheit geben will, Beobachtungen zu machen, die sich von jetzt bis in den nächsten Frühling erstrecken.

Wie verändern sich Innen- und Aussenräume im Tages- und Jahresrhythmus?

Ich freue mich, wenn Sie mir Eindrücke aus Suhr in verschiedenem Licht schicken!
pet.zimmermann@z-arch.ch

Am Ende meines Dorfschreiberinnenjahres, nach zwölf Kolumnen kann daraus ein vielfältiges Portrait von Suhr entstehen, gemacht von den Menschen hier.